Das Großhirn (s. Telencephalon) ist beim Menschen stark ausgebildet. Es ist in zwei Hirnhälften (s. Hemisphären) im Schädel gelagert. Es wird umgeben von der grauen Großhirnrinde (s. Cortex cerebri), die aus vielen Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) besteht. Die Großhirnrinde besteht aus 12-20 Milliarden grauer Ganglienzellen; die darunter befindlichen Nervenfasern (s. Nervensystem, Neuron) (Leitungsbahnen) sind weiß. Der Balken stellt die Verbindung zwischen den Hemisphären her. Hirnlappen und -windungen sind individuell ausgeprägt (s. Individuum).
Die Großhirnrinde gliedert sich in mehrere Bereiche. Das Stirnhirn (s. Frontallappen) ist Steuerungsorgan von Antrieben, Bewegungen und Charaktereigenschaften (s. Charakter). In seinem unteren Teil wird z.B. das motorische Sprachzentrum (s. Broca-Aphasie) lokalisiert (s. Lokalisationslehre). Die hintere Zentralregion verarbeitet besonders Tast-, Schmerz- und Temperaturempfindungen (s. Tastsinn, Schmerz, Temperatursinn). Das Scheitelhirn (s. Parietallappen) fügt geistige Einzelleistungen (s. Leistung) in größere Zusammenhänge ein. Im Schläfenhirn (s. Temporallappen) werden Hören und Sprachverständnis, im Hinterhauptslappen (s. Occipitallappen) das Sehen gesteuert.
Es lassen sich im einzelnen mehr als 50 Erregungsfelder (s. Erregung, Rindenfelder) unterscheiden. Ihnen scheinen antagonistisch (gegensätzlich) wirkende Hemmungs- und Supressorfelder (s. Hemmung) zu entsprechen.
Den größten Teil der Hirnsubstanz und der Großhirnrinde machen jedoch Nervenfasern aus. Diese bilden ein Netz von Leitungen kreuz und quer zwischen den Feldern und schließen sich zu Assoziationsfeldern zusammen. Die Faserbereiche sprechen weder unmittelbar auf Wahrnehmungen an, noch lösen sie direkt Bewegungen aus; sie werden deshalb auch als stumme Hirnteile bezeichnet. Sie verbinden die primären Erregungsmuster (s. Muster), stellen Assoziationen her, halten Erinnerungen lebendig, gewährleisten Koordinationen usw.
Unterhalb des Großhirns, im hinteren Teil des Schädels, findet sich das Kleinhirn (s. Cerebellum). Dies ist mit der Hirnrinde durch das Brückenhirn (s. Pons) verbunden. Das Kleinhirn ist an der Gleichgewichts- (s. Gleichgewichtssinn) und Haltungssteuerung beteiligt. Die Pyramidenbahn (bewußte Motorik) schließt sich an die vordere Zentralregion an und setzt sich fort bis zum Rückenmark.
Der Teil des Gehirns, der den Übergang zum verlängerten Rückenmark (s. Medulla oblongata) bildet, wird als Hirnstamm bezeichnet. Zu ihm gehören z.B. das Zwischenhirn (s. Diencephalon) mit Sehhügel (Thalamus opticus (s. Thalamus)), die Zirbeldrüse (Epiphyse) und die Hirnanhangdrüse (s. Hypophyse). In einem Zusammenspiel mit dem autonomen Nervensystem werden hier vegetative Funktionen geregelt.
Das Mittelhirn (s. Mesencephalon) und das verlängerte Rückenmark bilden den Übergang zum Rückenmark. Zwölf paarige Gehirnnerven nehmen hier ihren Ausgang.
Die ältere Psychologie suchte Relationen zwischen Gehirngewicht und geistiger Entwicklungsstufe (s. Entwicklung) herzustellen. Das Durchschnittsgewicht des G.s beträgt beim Menschenaffen ca. 400 g, bei Naturvölkern ca. 900-1200 g und bei Europäern ca. 1100-1550 g. Frauen zeigen einen Durchschnitt von 1275 g, Männer von 1400 g. Bei einigen bedeutenden Persönlichkeiten konnte ein höherer Wert festgestellt werden (Beispiel: Schiller 1580 g), bei anderen wiederum bemerkenswerte Abweichungen nach unten (Beispiel: Liebig 1260 g).
In der Stammesgeschichte (s. Evolution, Phylogenese) zeigt sich eine quantitative (s. Quantität) Zunahme von Gehirngewicht und -volumen (Copesche Regel), im Verhältnis zum Körpergewicht jedoch eine relative Verkleinerung des G.s (Hallersche Regel).