Hintergrundinformationen

Gabriele Langer, Susanne König, Reiner Konrad

Erstellung und Aufbau

Einleitung

Wie schon bei den vorangegangenen, in dieser Reihe erschienenen Fachgebärdenlexika machen wir auch beim Fachgebärdenlexikon Gärtnerei und Landschaftsbau, im Folgenden kurz GaLex genannt, die Methoden unserer Arbeit transparent und die Ergebnisse unserer sprachwissenschaftlichen Analyse allen interessierten Benutzern zugänglich. Um gezielt Fachbegriffe im Teil Fachbegriffe und Gebärden nachzuschlagen (Fachbegriffe: Deutsch A-Z), ist es nicht notwendig, sich mit den folgenden Hintergrundinformationen zu beschäftigen. Sie sind in erster Linie hilfreich für denjenigen, der die den Gebärdeneinträgen (z.B. GLOSSEN: Konventionelle Gebärden) zugrunde liegenden Zusammenhänge nachvollziehen will.

Der erste Teil, Erstellung und Aufbau des Fachgebärdenlexikons, skizziert das methodische Vorgehen von der Auswahl der Fachbegriffe über die Erhebung der Gebärden, ihre Dokumentation und Auswertung bis hin zur Auswahl der Gebärden und der Produktion des Fachgebärdenlexikons. Im zweiten Teil gehen wir auf die lexikalische Struktur der DGS, die Bildhaftigkeit von Gebärden und die Beziehungen zwischen Gebärden ein, die sich aus der Analyse der erhobenen Daten ergeben und in den Gebärdeneinträgen für jede Gebärde beschrieben werden. Im dritten Teil wird das Transkriptionsverfahren näher erläutert. Im Glossar linguistischer Fachbegriffe sind die von uns verwendeten Fachbegriffe zur Beschreibung der Gebärden und der theoretischen Hintergründe alphabetisch aufgelistet und jeweils mit einer kurzen Definition versehen.

Erstellung und Aufbau des Fachgebärdenlexikons

Auswahl der Fachbegriffe und Begriffserklärungen

Das Fachgebärdenlexikon Gärtnerei und Landschaftsbau enthält 654 Fachbegriffe, von denen 549 ausführlich erklärt werden. Bei 105 Fachbegriffen besteht die Erklärung aus einer Kurzdefinition mit Verweis auf einen anderen Fachbegriff, in dessen Definition der gesuchte Begriff mit erklärt oder im sachlichen Kontext verwendet wird. Neben den 654 Fachbegriffen, die mit 355 Abbildungen illustriert sind, wurden über 190 synonyme Bezeichnungen mit aufgenommen. Zum Beispiel findet man in der alphabetischen Auflistung der Fachbegriffe (Fachbegriffe: Deutsch A - Z) unter der Bezeichnung Zollstock einen Verweis auf Gliedermaßstab.

Das Fachgebärdenlexikon Gärtnerei und Landschaftsbau richtet sich in erster Linie an gehörlose Auszubildende im Bereich Garten- und Landschaftsbau sowie deren Ausbilder. Bei der Auswahl der Fachbegriffe sind daher vor allem die in der Ausbildung zentralen Begriffe aus sieben Tätigkeitsfeldern berücksichtigt (Zierpflanzenbau und Staudengärtnerei, Friedhofsgärtnerei, Baumschule, Gemüsebau, Obstbau sowie Garten- und Landschaftsbau). Hinzu kommen Begriffe zu gärtnerischen Grundkenntnissen, Botanik, Bodenkunde, Wetter- und Klimakunde und Arbeitssicherheit. Um auch einen thematischen Zugriff zu ermöglichen, sind die Fachbegriffe 11 Sachgruppen und 48 Sachuntergruppen zugeordnet, wobei Mehrfachzuordnungen vorkommen.

Die Erklärungstexte der Fachbegriffe sind in allgemein verständlichem Deutsch abgefasst. Dabei wurde besonderer Wert auf einfache Satzkonstruktionen und die Vermeidung zu zahlreicher Nebensätze gelegt. Schwierige oder sehr spezielle Begriffe werden nach Möglichkeit im Definitionstext kurz mit erklärt. Die einfache Sprache geht aber nicht zu Lasten der sachlichen Inhalte. Nur bei wenigen Begriffen wie z.B. Moos und Farnpflanze wurden sachliche Vereinfachungen, hier in Bezug auf die Vermehrung dieser Pflanzen, in Kauf genommen, um die Erklärung kurz und verständlich zu halten. In den Erklärungstexten werden neben der eigentlichen Definition nach Möglichkeit auch immer Bezüge zur praktischen Arbeit und zu größeren thematischen Zusammenhängen hergestellt. Zur Vernetzung der dargebotenen Informationen gibt es in den Texten deshalb viele Querverweise auf andere Begriffe sowie weiterführende Verweise am Ende der Definitionen. Dennoch können die Definitionen nur einen ersten Einstieg in die jeweilige Thematik bieten. Wer weiterführende, differenzierte Informationen sucht, sei auf Standard-Nachschlagewerke und Lehrbücher in den Bereichen Gärtnerei und Landschaftsbau verwiesen.

Gebärdenerhebung

Die im GaLex gezeigten Übersetzungen der Fachbegriffe in die DGS wurden aus einem Korpus empirisch erhobener Sprachdaten ausgewählt. Wir konnten elf gehörlose Fachleute1 aus verschiedenen Bundesländern als Informanten für die Gebärdenerhebung gewinnen, die von November 2007 bis März 2008 am Institut für Deutsche Gebärdensprache in Hamburg durchgeführt wurde. Die gehörlosen Informanten waren in einem gärtnerischen Beruf ausgebildet oder tätig.

Aus den Interviews zur sozialen Situation der Informanten zum Zeitpunkt der Erhebung ergeben sich folgende Angaben zu den 11 Informanten: 2 Informanten sind weiblich, 9 männlich; sie waren zur Zeit der Erhebung zwischen 25 und 46 Jahre alt und wohnten in folgenden Bundesländern: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein; 10 Personen sind gehörlos, 1 Person ist schwerhörig; 10 Personen sind seit ihrer Geburt gehörlos bzw. schwerhörig, 1 Person ertaubte im Alter von 1 Jahr.

9 Personen haben hörende, 1 Person gehörlose Eltern, 1 weitere Person hat einen gehörlosen und einen hörenden Elternteil; 7 Personen haben hörende Geschwister, 2 Personen schwerhörige, 1 Person gehörlose, schwerhörige und hörende Geschwister. 4 Personen haben einen gehörlosen, 2 Personen einen schwerhörigen und 1 Person einen hörenden Partner; 2 Personen haben gehörlose und schwerhörige Kinder, 2 Personen hörende Kinder. DGS erwarben 3 Personen bereits in ihren ersten Lebensjahren in der Familie, 2 Personen in Familie und Kindergarten, 3 Personen ausschließlich im Kindergarten, davon 1 Person erst ab dem Alter von 5 Jahren; 1 Person lernte die DGS mit dem Schuleintritt im Internat, 2 weitere Personen erst im Alter von 17 bzw. 19 Jahren in der Schule bzw. während der Ausbildung.

Alle 11 Personen haben privaten Kontakt zu anderen Gehörlosen und besuchen manchmal oder regelmäßig Veranstaltungen von Gehörlosen. 4 Personen haben gehörlose Arbeitskollegen, 3 Personen hatten früher gehörlose Arbeitskollegen.

1 Person absolvierte eine Winzer-Ausbildung und arbeitet als selbstständiger Winzer. Die anderen 10 Personen haben alle eine Ausbildung zum Gärtner absolviert – davon 1 Person mit der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, 1 Person mit der Fachrichtung Baumschule und 2 Personen mit der Fachrichtung Zierpflanzenbau; 1 weitere Person ist Gärtnermeister. 2 Personen arbeiten als Friedhofsgärtner, 3 Personen im Garten- und Landschaftsbau; 1 Person ist Zierpflanzengärtner, 1 Person studiert Landschaftsarchitektur, 1 Person arbeitet als Erzieher, 1 Person als Lagerarbeiter, 1 weitere Person ist arbeitssuchend.

Mit jedem der Informanten führte ein gehörloser Projektmitarbeiter zuerst anhand eines Fragebogens ein kurzes Interview durch, in dem der sprachliche und soziale Hintergrund der Person erfragt wurde. Danach folgte ein halb- bis einstündiges Gespräch.2Diese Gespräche wurden nach DGS-Entsprechungen für die Fachbegriffe durchgesehen. Nur diese Ausschnitte wurden transkribiert. Durch die Gespräche konnten die gehörlosen Projektmitarbeiter den Gebärdenstil und Besonderheiten der Gebärdenverwendung der jeweiligen Person wie z.B. dialektale Gebärden kennenlernen. Zusätzlich dienten die darin vorkommenden Gebärden zur besseren Beurteilung von Gebärden, die die Person bei der Abfrage der Fachbegriffe gezeigt hatte. Darin wurden Themenbereiche angesprochen, die im Zusammenhang mit der Ausbildung und der beruflichen Tätigkeit des Informanten stehen. Auf diese Weise konnten wir 874 DGS-Entsprechungen für 176 Fachbegriffe in einem zusammenhängenden Gesprächskontext erheben. Der umfangreichste und letzte Teil der Erhebung bestand in der Abfrage von DGS-Übersetzungen für jeden Fachbegriff. Im Unterschied zu vorangegangenen Erhebungen hatten wir uns diesmal dazu entschlossen, sowohl das Gespräch als auch die Abfrage der DGS-Übersetzungen mit jeweils zwei Informanten gleichzeitig durchzuführen.3Aus organisatorischen Gründen wurden drei Informanten einzeln befragt. Dies entsprach dem Wunsch einiger Informanten aus früheren Erhebungen nach mehr Kommunikation während der Abfrage der DGS-Übersetzungen für die einzelnen Fachbegriffe. Die Informanten konnten sich als Fachleute über die Fachbegriffe, deren Bedeutung und Verwendung unterhalten. Dadurch waren viele Antworten auf einen gezeigten Fachbegriff eingebettet in einen sprachlichen Kontext und somit verlässlicher und leichter auszuwerten. Die Gefahr, dass ein Informant in der Erhebungssituation die Gebärden des anderen übernimmt, anstatt seine eigene Gebärde zu zeigen, haben wir bewusst in Kauf genommen. Soweit dies deutlich erkennbar war, wurde dies im Rahmen der Transkription dokumentiert.

Zur Vorbereitung der Erhebung wurden für 450 von über 700 Fachbegriffen geeignete Abbildungen gesucht. Innerhalb einer Sachgruppe wurden 3 bis maximal 7 Fachbegriffe nach inhaltlichen und systematischen Kriterien zusammengefasst. Zusätzlich zu den Wörtern wurden auch die vorhandenen Abbildungen zu Übersichten zusammengestellt. Die Abfrage war aufgeteilt in eine Diskussions- und eine Wiederholungsphase. Zunächst wurden die vorhandenen Übersichten der Abbildungen gezeigt, dann die Liste der dazugehörigen Fachbegriffe, dann die einzelnen Fachbegriffe zusammen mit der jeweiligen Abbildung. Nach Abschluss der Diskussionsphase wurde die Abfolge der 3 bis 7 Fachbegriffe für jeden Informanten wiederholt. Dabei sollte jeder Informant seine Übersetzung des Fachbegriffs in die DGS nochmals gebärden. Die Informanten konnten Begriffe auslassen, auf später verschieben oder bereits gezeigte Gebärden korrigieren. Danach wurden die nächsten 3 bis 7 Fachbegriffe gezeigt, zunächst als Übersicht, dann als Wortliste. Am Ende der Erhebung wurden Korrekturen oder Übersetzungen für Begriffe aufgenommen, die der Informant aufgeschoben hatte.

Um den Interviewer zu entlasten, der sich auf die Informanten und den Ablauf der Erhebung konzentrieren musste, war bei der Abfrage eine zweite gehörlose Person aus dem Projektteam anwesend. Sie sollte die Situation beobachten und protokollieren, ob Begriffe ausgelassen oder auf später verschoben wurden, ob die Informanten in der Abfragesituation neue DGS-Übersetzungen bildeten oder die gezeigten Gebärden mögliche Übersetzungsvorschläge waren, jedoch keine von den Informanten im Alltag verwendeten Gebärden für den jeweiligen Fachbegriff. Diese Dokumentation war wichtig für die spätere Einschätzung der Gebärden bei der Transkription und der Auswahl der Antworten. Auf den Aufnahmen sind durchgehend Interviewer und Informanten zu sehen, nicht jedoch die zweite gehörlose Person, die die Abfragesituation protokollierte. Für die Erhebung wurden pro Informantenpaar bzw. Informant zwei Tage benötigt.

Dokumentation und Auswertung

Zunächst wurden alle Gespräche von den gehörlosen Mitarbeitern gesichtet. Für jedes Gespräch wurde ein Inhaltsprotokoll angefertigt. Anschließend wurde eine Einschätzung des Gebärdenstils des jeweiligen Informanten anhand verschiedener Kriterien vorgenommen.4Die gehörlosen Mitarbeiter werteten die Gespräche danach aus, ob die Person natürlich gebärdet, viel oder wenig Mundbild oder Mimik verwendet, wie sie den Gebärdenraum nutzt, wie sie den Körper beim Gebärden einsetzt und ob fachlich relevante Inhalte vorkommen. Weiterhin wurden DGS-Entsprechungen eines Fachbegriffs innerhalb dieser Gespräche festgehalten.

Ebenso wurden die Antworten auf die Abfrage der Fachbegriffe gesichtet. Antworten, die nicht für die Transkription vorgesehen waren, wurden entsprechend gekennzeichnet. Ausschlussgründe waren z.B. Wiederholungen derselben Gebärde, Übersetzungen, die später korrigiert wurden oder unvollständige Übersetzungen. Ebenso wurden Übersetzungen, die ein Informant offensichtlich von dem zweiten Informanten übernommen hatte, nicht transkribiert. Zusätzlich wurden die Selbsteinschätzung des Informanten, soweit sie aus dem Video oder dem Protokoll ersichtlich war, sowie die Einschätzung des gehörlosen Mitarbeiters festgehalten. Angaben zur Selbsteinschätzung geben z.B. Auskunft darüber, ob eine Antwort als Übersetzungsvorschlag gemeint oder ob der Informant unzufrieden mit dieser Übersetzung war. Die Einschätzung des Mitarbeiters beinhaltet Angaben darüber, ob die Antwort den Inhalt des Begriffs umschreibt oder die gezeigte Abbildung beschreibt, ob sie als Vorschlag zu werten ist oder als eine Übersetzung, die eher aus der Not der Erhebungssituation heraus entstanden ist.

Die Antworten auf die Abfrage der Fachbegriffe stellen im Wesentlichen das Datenkorpus5Insgesamt ergab die Sichtung der Antworten knapp 38 Stunden Videomaterial mit 22402 Antworten. Davon wurden 10946 transkribiert. Diese Antworten setzen sich wiederum aus 21403 Einzelgebärden (Vorkommen) zusammen. dar, das im Anschluss an die Sichtung transkribiert wurde. Zusätzlich zu den Antworten wurden selektiv die Gebärden transkribiert, die in den Gesprächen vorkommen und DGS-Entsprechungen von Fachbegriffen aus der Erhebungsliste sind. Neben den Daten aus der Erhebung wurde eine Sammlung von 232 Gebärden transkribiert, die in der Werkstatt für hörgeschädigte Menschen gGmbH in Osnabrück verwendet werden. Diese wurden uns dankenswerterweise als Video zur Verfügung gestellt.

Für die Transkription wurden alle Aufnahmen als digitalisierte Videofilme an eine relationale Datenbank6Es handelt sich hierbei um einen SQL-Server und einen speziell für die Zwecke der Transkription entwickelten Client, der eine schnelle Erfassung der Daten sowie einen gezielten Zugriff und verschiedene Sichten auf die Daten ermöglicht. Eine genauere Beschreibung findet sich in Hanke 2002 und Hanke/Storz 2008. angebunden. Das ermöglicht einen gezielten und schnellen Zugriff auf die Originaldaten. Die Struktur der Datenbank unterstützt den Transkriptionsprozess, indem sie die Erstellung von Transkripten für verschiedene Gebärdenfilme mit einem Gebärdenlexikon kombiniert. In diesem Gebärdenlexikon sind alle in den verschiedenen Videofilmen vorkommenden und transkribierten Gebärden enthalten. Zu einer Gebärde kann man sich per Mausklick alle vorhandenen Fundstellen als Videofilm anzeigen lassen und diese vergleichen. Dadurch wird eine hohe Konsistenz der Transkripte gewährleistet. Neben Informationen zu den Informanten, zur Erhebungsart und Sichtung der Filme werden Form, Bedeutung und Äußerungskontext eines Vorkommens erfasst und lexikalischen oder produktiven Gebärden zugeordnet. Zur eindeutigen Identifikation werden unterschiedliche Gebärden mit verschiedenen Glossen benannt. Darüber hinaus wird die Form einer Gebärde mit dem Hamburger Notationssystem (HamNoSys) erfasst (s. Erläuterungen zur Transkription). Ebenso werden Strukturen und Beziehungen zwischen diesen Einheiten dokumentiert, z.B. die Beziehungen zwischen Gebärden (GrundformModifikation, Ausführungsvarianten oder Verweise auf formgleiche und formähnliche Gebärden).

Auswahl der Gebärden

Für die Auswahl der DGS-Entsprechungen für den jeweiligen Fachbegriffe standen die vollständig transkribierten Antworten der elf Informanten, die Abschnitte aus den Gesprächen, die selektiv transkribiert wurden, sowie die Gebärdensammlung der Werkstatt für hörgeschädigte Menschen (Osnabrück) zur Verfügung. Die Transkription erst machte es möglich, alle DGS-Entsprechungen zu einem Fachbegriff automatisiert auszuwerten, um festzustellen, wie viele DGS-Übersetzungen von verschiedenen Informanten gleich sind bzw. worin sie sich unterscheiden.7Jedes Datenkorpus stellt eine zufällige und in gewisser Weise willkürliche Auswahl sprachlicher Einheiten und Phänomene dar. Dieses Fachgebärdenlexikon kann daher nicht alle Gebärden enthalten, die als Übersetzung für einen Fachbegriff möglich sind. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass wir uns in einzelnen Fällen geirrt haben. Die quantitative und qualitative Analyse sprachlicher Einheiten auf der Grundlage eines Korpus hat aber den entscheidenden Vorteil, Entscheidungen nachvollziehbar, überprüfbar und korrigierbar zu machen.

Die Auswahl wurde im Anschluss an die Dokumentation und Auswertung anhand verschiedener Kriterien getroffen. Benutzten mehrere Informanten für die Übersetzung eines Fachbegriffs gleiche Gebärden oder Gebärdenketten, so war dies ein starker Hinweis auf eine passende und akzeptable Übersetzung. Ein weiteres Kriterium bei der Auswahl war, ob die Antworten zögerlich geäußert wurden oder die Person einen unsicheren oder unzufriedenen Eindruck machte. Alle Gebärden oder Gebärdenketten wurden daraufhin beurteilt, ob sie geeignet sind, den Inhalt des Fachbegriffs wiederzugeben. In Zweifelsfällen war das Sprachgefühl der gehörlosen Mitarbeiter ausschlaggebend. Das Kriterium der Häufigkeit führte in einigen Fällen dazu, dass Lehnbildungen, bei denen mehrere Gebärden in der Regel die Bestandteile eines deutschen Kompositums visualisieren, mit aufgenommen wurden, auch wenn sie von den gehörlosen Mitarbeitern nicht als DGS-typisch eingestuft wurden.

Gebärden, die als Bestandteil von Gebärdenketten mehr als einmal vorkommen, wurden nicht bei jedem Fachbegriff aufs Neue ausgewählt. Um Dopplungen zu reduzieren, wurden sogenannte Nester gebildet, in denen alle ausgewählten Gebärden für diesen Begriff oder Wortteil enthalten sind. Ein Nest wurde in der Regel beim alphabetisch ersten Auftreten des Fachbegriffs bzw. dort, wo das Wort nicht Teil eines Kompositums ist, angelegt. So finden sich z.B. unter Ernte verschiedene Gebärden oder Ausführungsvarianten als Entsprechung des Fachbegriffs Ernte. Bei Zusammensetzungen wie z.B. Ernteverfahren wird dann nur noch eine Gebärde für Ernte gezeigt.

Die Auswahl wurde anhand der vorliegenden Daten vorgenommen, d.h. wir zeigen insbesondere bei Übersetzungen, die aus mehreren Gebärden bestehen, die Kombinationen von Gebärden, die wir erhoben und dokumentiert haben. Dies hat zur Konsequenz, dass z.B. Wortbestandteile, die in mehreren Fachbegriffen vorkommen, oftmals durch verschiedene Gebärden übersetzt werden, auch wenn es durchaus möglich wäre, immer dieselbe Gebärde für diesen Wortteil zu verwenden. Andererseits wurde bei der Auswahl darauf geachtet, dass das zugrunde liegende Bild einer Gebärde dem Inhalt des Fachbegriffes nicht widerspricht oder ein falsches Bild vermittelt. Teilweise wurden daher Gebärden neu kombiniert, das heißt es wurden Gebärdenketten mit aufgenommen, die in dieser Kombination im Korpus nicht enthalten sind, deren Bestandteile jedoch von gehörlosen Fachleuten für die entsprechenden Inhalte verwendet wurden.

Die Auswahl aus einem empirisch erhobenen Datenkorpus soll sicherstellen, dass die im Fachgebärdenlexikon gezeigten Übersetzungen unter Gehörlosen gebräuchlich oder zumindest für Gehörlose unmittelbar verständlich und nachvollziehbar sind. Dieses Vorgehen macht es darüber hinaus möglich, den Erhebungsstatus einer Übersetzung anzugeben. Jede zu einem Fachbegriff gezeigte Übersetzung hat ein Statussymbol, das anzeigt, ob eine Übersetzung von einer oder mehreren Personen gezeigt wurde, ob es sich um neu kombinierte Gebärdenketten oder neue Gebärden-Mundbild-Kombinationen handelt oder ob ein neuer Übersetzungsvorschlag gemacht wird.

Produktion

Die ausgewählten DGS-Entsprechungen wurden von gehörlosen Projektmitarbeitern im Studio nachgebärdet. Weiterhin wurden alle in den Übersetzungen enthaltenen konventionellen Gebärden nochmals als Filme isoliert und ohne Mundbild8Da eine konventionelle Gebärde mit verschiedenen Mundbildern kombiniert werden kann (s. Verwendungen konventioneller Gebärden), wurde bei der Darstellung der manuellen Form bewusst auf das Mundbild verzichtet, um nicht eine Gebärde-Mundbild-Kombination einer anderen vorzuziehen. aufgenommen. Nach den Studioaufnahmen wurden alle Übersetzungen als digitale Fotos aufgenommen. Diese Fotos wurden mit Bewegungspfeilen versehen. Durch die Layout-Automatisierung konnte das fertige Buchlayout der verschiedenen Teile des Lexikons direkt aus der Datenbank produziert werden. Dies ermöglichte es, inhaltliche Änderungen oder Fehlerkorrekturen bis kurz vor Fertigstellung des Lexikons noch zu berücksichtigen.

Aufbau und Inhalte des Fachgebärdenlexikons

Das Fachgebärdenlexikon besteht im Wesentlichen aus zwei Arten komplexer Informationseinheiten, den Lexikoneinträgen (Fachbegriffe: Deutsch A - Z) und den Gebärdeneinträgen (z.B. GLOSSEN: konventionelle Gebärden).

Die Lexikoneinträge sind vor allem fachlich orientiert und konzentrieren sich auf relevante Informationen und Gebärden zu den Fachgebieten Gärtnerei und Landschaftsbau. Sie enthalten das eigentliche Fachgebärdenlexikon mit deutschen Fachbegriffen, Definitionstexten und Entsprechungen bzw. Übersetzungen der Fachbegriffe in DGS. Der primäre Zugriff zu diesen Informationen erfolgt über den deutschen Fachbegriff, zu dem entweder Sachinformationen (Definition, Abbildungen, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sachgruppe) oder sprachliche Informationen (Synonyme, englische Übersetzung oder DGS-Entsprechungen) nachgeschlagen werden können (siehe auch Aufbau eines Lexikoneintrags). Ein Nachschlagevorgang setzt die Kenntnis des lautsprachlichen Fachbegriffs voraus. Die Benutzung der Lexikoneinträge geht also von Deutsch als Ausgangssprache aus und behandelt DGS als Zielsprache.

Die Gebärdeneinträge (z.B. GLOSSEN: konventionelle Gebärden) enthalten vor allem gebärdensprachorientierte Informationen. Sie bieten Informationen zu allgemeinen Aspekten der Gebärden und sind im Grunde genommen ein kleines DGS-Wörterbuch, das jedoch auf die in den Lexikoneinträgen vorkommenden Gebärden beschränkt ist. Alle Gebärden, die in den DGS-Übersetzungen der Fachbegriffe vorkommen, werden in den Gebärdeneinträgen als isolierte Gebärden (Einzelgebärden) mit einer Reihe von Informationen zu ihrer Verwendung (z.B. Bedeutungen, Gebärdenraumnutzung, Modifikationen, ggf. Dialektgebiet) aufgeführt (siehe auch Aufbau eines Gebärdeneintrags). Die Gebärdeneinträge bieten dem Benutzer die Möglichkeit, mehr zu den konventionellen DGS-Gebärden und ihrer Verwendung zu erfahren. Viele der aufgeführten Einzelgebärden können auch zur Übertragung von Wortteilen weiterer, nicht im Fachgebärdenlexikon aufgeführter mehrteiliger Fachbegriffe eingesetzt werden. Von den Gebärdeneinträgen wird jeweils auf die zugehörigen fachlichen Lexikoneinträge verwiesen. Auf diese Weise ermöglichen die Gebärdeneinträge einen zusätzlichen Zugriff auf die Inhalte des Fachgebärdenlexikons über die enthaltenen Gebärden.

Die DVD-ROM- bzw. Internetversion des GaLex bietet zwei Möglichkeiten, nach Gebärden über ihre Formeigenschaften zu suchen:

Bei der Suche über die Gebärdenform kann man auf bequeme Weise verschiedene Kombinationen mehrerer Formaspekte angeben und so gezielt nach Gebärden mit bestimmten Formeigenschaften suchen (siehe auch Benutzungshinweise zur Suche über Gebärdenform).
Unter Handformen hat man eine Zugriff auf die Gebärden über die Handformen. Die Handformen werden mithilfe von HamNoSys-Symbolen dargestellt (siehe auch Benutzungshinweise zur Suche über Handformen).

Da in den Gebärdeneinträgen sowohl konventionelle Bedeutungen aufgelistet werden als auch von den Gebärdeneinträgen auf die Verwendung der Gebärden in den Lexikoneinträgen verwiesen wird, ist mithilfe der Suche über die Gebärdenform zumindest ansatzweise auch die Benutzungsrichtung DGS – Deutsch möglich.

Wie erstmals im Fachgebärdenlexikon Gesundheit und Pflege (Konrad u.a. 2007) eingeführt, findet man auch in den Gebärdeneinträgen des GaLex eine eigene Rubrik „Bedeutungen“, unter der konventionelle Bedeutungen der jeweiligen Gebärde in Form möglicher Übersetzungen ins Deutsche angegeben sind. Auch wenn die Auflistung der Bedeutungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und aufgrund unserer Datenlage in vielen Fällen nur vorläufigen Charakter haben kann, wird damit der Bedeutungsumfang der Gebärden angedeutet. Unter Bedeutungen konventioneller Gebärden kann man nach Gebärden mit einer bestimmten konventionellen Bedeutung suchen (s. auch Benutzungshinweise zur Suche über Bedeutungen konventioneller Gebärden).

Bemerkungen zu Fachsprachen

In den meisten Fachgebieten bildet sich mit der Zeit eine sogenannte Fachsprache heraus. Diese Fachsprache dient in erster Linie der Kommunikation unter Fachleuten über die Inhalte des Fachgebiets. Sie unterscheidet sich von der Alltagssprache insbesondere durch die Verwendung eines eigenen Fachwortschatzes, das heißt durch Wörter, die möglichst eindeutig und präzise bestimmte Inhalte ausdrücken. Dadurch wird die Kommunikation unter Fachleuten schnell und effektiv. Dies führt aber auch dazu, dass fachsprachliche Texte für Laien häufig schwer verständlich sind. Das liegt zum einen daran, dass Laien in der Regel die Inhalte und Zusammenhänge nicht so genau kennen, über die kommuniziert wird, und zum anderen, dass ihnen die verwendeten fachsprachlichen Ausdrücke oder ihre speziellen Bedeutungen nicht geläufig sind.

Fachbegriffe sind im Deutschen häufig Fremdwörter, die zum Beispiel aus dem Lateinischen, Griechischen oder Englischen stammen. Aber auch Begriffe aus der Alltagssprache können zu Fachbegriffen werden, wenn sie im fachlichen Kontext eine spezifische oder anders definierte Bedeutung erhalten. Darüber hinaus bietet das Deutsche die Möglichkeit, durch zusammengesetzte Wörter, sogenannte Komposita, spezifische Bedeutungen oder komplexe Zusammenhänge sehr genau zu bezeichnen. Manche Fachwörter finden Eingang in die Alltagssprache. Dabei können sich ihre Bedeutungen erweitern oder verändern.

Neben den fremdsprachlichen Fachwörtern gibt es oft auch allgemeinsprachliche Wörter mit derselben oder einer ähnlichen Bedeutung wie der Fachbegriff, sodass in einigen Fällen mehrere Bezeichnungen für denselben Sachverhalt verwendet werden z.B. Zeigerpflanze und Indikatorpflanze oder doppelte Namensgebung und binäre Nomenklatur. Im Fachgebärdenlexikon Gärtnerei und Landschaftsbau wurde die Wahl des Stichworts (Lemma), unter dem ein Fachbegriff nachgeschlagen werden kann, von Fall zu Fall entschieden. Bei einigen Fachbegriffen wurde der fachlich eindeutigere fremdsprachliche Fachausdruck als Stichwort gewählt wie z.B. bei Symbiose und Lebensgemeinschaft, in anderen Fällen wurde der Geläufigkeit im allgemeinen Sprachgebrauch Vorrang gegeben wie z.B. bei Bryophyta und Moos. Die synonymen Bezeichnungen sind im jeweiligen Eintrag unter „Auch“ aufgeführt und bei Fachbegriffe: Deutsch A-Z alphabetisch in Form von Verweisen mit aufgelistet.

Die Frage, ob gehörlose Fachleute für die verschiedenen Sachgebiete eine jeweils eigene Fachsprache innerhalb der DGS verwenden, lässt sich nicht beantworten, da es bislang keine Forschung dazu gibt. Die von uns erstellten Fachgebärdenlexika dürfen nicht missverstanden werden als Dokumentation eines spezifischen DGS-Fachvokabulars, sondern sie machen Übersetzungsangebote für die jeweiligen deutschen Fachbegriffe (vgl. Fischer et al. 1995). Ob diese DGS-Entsprechungen bereits den Status etablierter Fachgebärden haben oder von den Gebärdensprachbenutzern angenommen werden und sich als Fachgebärden etablieren, kann erst durch eine Fachsprachenforschung, wie es sie in der Lautsprachlinguistik und -lexikographie bereits gibt, festgestellt werden.

Eine Erfahrung, die wir in der Erhebung von DGS-Entsprechungen für Fachbegriffe in den verschiedensten Bereichen (s. Literaturverzeichnis) gemacht haben, ist, dass viele DGS-Entsprechungen stark von den lautsprachlichen Fachwörtern geprägt sind. Diese Fachwörter werden meist als Mundbild gleichzeitig zu den Gebärden artikuliert. Weiterhin sind die DGS-Entsprechungen häufig Lehnübersetzungen, hier auch Gebärdenketten genannt, durch die die Fachwörter, insbesondere Komposita, in der Reihenfolge ihrer Bestandteile in Gebärden wiedergegeben werden.

Dass Gehörlose bei ihrer beruflichen Fachkommunikation in DGS auf ihre Kenntnisse der lautsprachlichen Fachwörter zurückgreifen und sich häufig auf diese beziehen, ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die meisten dieser Inhalte, über die in DGS gebärdet wird, schon vorhanden sind und in Ausbildungs- und Berufskontexten in Lautsprache mündlich und schriftlich kommuniziert und erlernt werden. Hinzu kommt, dass die fachsprachliche Kommunikation gerade in Ausbildungskontexten und im Berufsleben nur selten ausschließlich in DGS und ohne Beteiligung hörender Fachleute oder Kollegen geführt wird. Es ist daher zu erwarten, dass in der fachlichen Kommunikation, die in DGS geführt wird, der Einfluss des Deutschen auf die Gebärden größer ist als in der Alltags-DGS.

Weiter zur Lexikalischen Struktur der DGS