1. Das Ultrakurzzeitgedächtnis (UZG) bewahrt Informationen höchstens 20 Sekunden lang auf. Es wird vermutet, daß dies auf elektrischen Vorgängen beruht.
2. Das Kurzzeitgedächtnis (KZG) speichert Informationen maximal 1-2 Stunden. Das KZG kann durch bestimmte Stoffe (z.B. das Antibiotikum Puromycin) gehemmt werden. Dann findet keine Übernahme von Informationen in das LZG statt.
3. Das Langzeitgedächtnis (LZG) speichert Informationen unter Umständen lebenslang. Die Übernahme von Gedächtnisinhalten aus dem KZG in das LZG kann durch bestimmte Stoffe verhindert werden, die die Eiweißsynthese blockieren. Bereits gespeicherte Inhalte im LZG werden davon nicht mehr betroffen.
Es wird angenommen, daß der Hippocampus (ältester Teil des Großhirns (s. Telencephalon)) an der Übernahme von Informationen aus dem KZG in das LZG maßgeblich beteiligt ist. Wird dieser zerstört, ist die Speicherung neuer Informationen unmöglich. Die Bewahrung bewußter Gedächtnisinhalte erfolgt vor allem in den Zellen der Großhirnrinde (s. Cortex cerebri). Zerstört man einen Teil dieser Oberflächenpartie des Großhirns, dann wird das G. insgesamt unschärfer und ungenauer.
Viele Befunde sprechen dafür, daß das G. als ein gleichzeitig von vielen Nervenzellen (s. Neuron, Zelle) und deren Synapsen getragener Prozeß anzusehen ist. Die Bewahrung von Gedächtnisinhalten funktioniert nach folgendem Prinzip: Informationen werden durch Überlagerung (s. Interferenz) zweier oder mehrerer Informationskreise gespeichert. Beispiel: Überlagerung von Gehörtem mit Gesehenem, von Gelesenem mit bereits Gewußtem usw. Dies erklärt z.B., weshalb das Lernen leichter fällt, wenn mehrere Eingangskanäle gleichzeitig beteiligt sind. Ähnliches gilt für Wiederholungen: Sie verschärfen Erlerntes und machen den Gedächtnisinhalt besser abrufbar.
Eine Hypothese, die ebenfalls die Wirkung von Wiederholungen beim Lernen erklärt, ist, daß elektrische Vorgänge des UZG die DNS (Erbsubstanz) dazu veranlaßt, RNS (Überträgersubstanz) herzustellen und nach deren Vorschrift Proteine (Eiweiße) zu synthetisieren. Gleichzeitig erklärt diese Hypothese, daß bestimmte Verhaltensweisen (s. Verhalten) und Gedächtnisinhalte mit der DNS vererbt (s. Vererbung) werden können. Beispiel: Das Feindbild bei Küken. In diesem Zusammenhang hat u.a. G. UNGAR vermutet, daß es sog. Gedächtnismoleküle gibt. Ob dies wirklich so ist, ist noch fraglich.
Eine andere Hypothese besagt, daß beim Lernen bestimmte Nervenzellen durch besonders gut leitende Nervenverbindungen verknüpft werden. Durch Wiederholungen würden sich diese Bahnen gewissermaßen einschleifen. Unbestritten ist, daß Gedächtnisinhalte sog. Spuren im Gehirn hinterlassen (s. Engramm).
Der gegenläufige Vorgang zum Gedächtnis ist das Vergessen. Dieser Vorgang ist aber noch ungeklärt. Man weiß nur, daß Inhalte des LZG nicht immer in das Bewußtsein gerufen werden können. In Hypnose dagegen sind oft bereits vergessene Inhalte noch abfragbar. Die Merkfähigkeit ist individuell sehr verschieden und hängt von vielen Faktoren ab:
1. die Anzahl der Wiederholungen und deren Zeitabstand,
2. die Konzentration und der Aufmerksamkeitsgrad (s. Aufmerksamkeit),
3. der Ermüdungsgrad,
4. die Gefühlsbeteiligung (s. Gefühl) und andere innere und äußere Begleitumstände beim Lernen z.B. Lautstärke,
5. das Interesse am einzuprägenden Wissensstoff (s. Wissen),
6. die individuelle Einstellung zum Lernen selbst.
Auch die Art des Einprägens kann von Bedeutung sein: Der akustische Typ z.B. behält Gehörtes besser, der optische Typ dagegen Gesehenes. Die höchste Aufnahmeschnelligkeit liegt im Schulalter, die höchste Aufnahmegenauigkeit im Alter von 20 bis 25 Jahren. Mit dem Älterwerden nehmen beide ab.