In vielen Rechtsvorschriften wird die Verwaltung (Öffentliche Verwaltung) nicht zu einem bestimmten Handeln verpflichtet, es besteht für sie ein Entscheidungsspielraum, der auch als Ermessen bezeichnet wird. Dabei ist von der Verwaltung aus mehreren Handlungsmöglichkeiten diejenige auszuwählen, welche der Sache, um die es geht, angemessen ist. Obwohl die Verwaltung eine Wahlmöglichkeit hat, darf sie ihre Entscheidung nicht willkürlich treffen. Sie muss die gesetzlichen Zielbestimmungen und die allgemeinen Verfassungsgrundsätze bei ihrer Ermessensentscheidung beachten. Kann-Vorschriften in einer rechtlichen Grundlage sind typisch für das freie Ermessen, während Soll-Vorschriften bei der Verwaltung zum gebundenen Ermessen führen. Gebundenes Ermessen bedeutet, dass die Verwaltung grundsätzlich der Soll-Vorschrift folgen muss und nur bei besonderen Umständen davon abweichen darf. Muss-Vorschriften erlauben keinen Ermessensspielraum. Ein Beispiel für das Nebeneinander von Kann-, Soll- und Muss-Vorschriften findet sich in §36 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der Regelung zur vorbeugenden Gesundheitshilfe. Danach soll Personen, bei denen nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung (Krankheit) oder ein sonstiger Gesundheitsschaden einzutreten droht, vorbeugende Gesundheitshilfe gewährt werden. Zur Früherkennung von Krankheiten kann eine Vorsorgeuntersuchung gewährt werden. Eine Vorsorgeuntersuchung muss dem Sozialhilfeempfänger gewährt werden, wenn ein Krankenversicherter darauf einen Rechtsanspruch hat. Ermessensentscheidungen der Verwaltung sind im Jugendhilferecht und im Recht der Sozialhilfe sehr häufig. Sozialarbeiter und Sozialpädagogen können insbesondere im Rahmen von Kann- und Soll-Vorschriften argumentativ Einfluss auf die Entscheidungen der Verwaltung nehmen. |
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