Im engeren Sinn versteht man unter H. alle psychischen und körperlichen Symptome, die bei Kindern entstehen, wenn sie nach längerem Aufenthalt in Heimen, Pflegestätten, Kliniken usw. ohne Kontakt mit der Mutter (oder einer entsprechenden Bezugsperson) aufwachsen. Das Kind wird zwar materiell und hygienisch einwandfrei versorgt, aber es fehlt ihm an emotionaler (s. Emotion) Zuwendung; R. SPITZ spricht in diesem Zusammenhang von einer Gefühlsmangelkrankheit (s. Gefühl).
H. äußert sich in Symptomen wie Weinerlichkeit, Daumenlutschen, Teilnahmslosigkeit, depressiver Verstimmung (s. Depression), Bewegungsunruhe usw. Weiterhin läßt sich eine verzögerte körperliche (z.B. Laufenlernen) wie auch geistige (z.B. Sprechenlernen) Entwicklung beobachten. Zusätzlich tritt eine erhöhte Anfälligkeit für (Infektions-) Krankheiten auf.
Lang angelegte Untersuchungen haben ergeben, daß ein bereits fünfmonatiger Heimaufenthalt, bis auf wenige Ausnahmen, bleibende Schäden hinterläßt. Nach Spitz ist die Sterblichkeitsquote hospitalisierter Kinder gegenüber dem Durchschnitt erheblich höher.
Um dem H. entgegenwirken zu können, gilt es Maßnahmen zu treffen, die es ermöglichen, daß sich enge Bindungen zwischen dem Erzieher (bzw. der Bezugsperson des Kindes) und dem Kind entwickeln können. Kleine, familienähnliche Gruppen z.B. in Heimen (aber auch in Kliniken) könnten eine solche Maßnahme darstellen.