4. Sonstiges


Es scheint mir unerläßlich, an dieser Stelle auf den Zusammenhang der fachlich-sachlichen Ausrichtung dieses Lexikons mit der Diskriminierung von Gebärdensprachen einzugehen. Mehr als erwartet stellte sich die Problematik als eine für das LINGLEX zentrale heraus. An verschiedenen Stellen dieses Beitrags hatte ich bereits Anlaß, darauf einzugehen. Mitbetroffen sind auch Umfang und Art gebärdensprachlinguistischer Termini.

Aufgrund der Tatsache, daß es sich bei Gebärdensprachlinguistik aus diversen, nicht zuletzt sprachpolitischen Gründen um eine sehr junge Disziplin handelt, besteht das Problem, daß wir nur relativ wenige "etablierte" Begriffe aus diesem Bereich übernehmen konnten. Das LINGLEX kann und soll kein (dringend erwünschtes !) Einführungsbuch in die verschiedenen Beschreibungsansätze (mit zumeist je eigener Terminologie oder je eigenen Vorschlägen, wie lautsprachlinguistische Termini adaptierbar wären) ersetzen.

Weiter zeigte sich bei den Definitionen, wie lautsprachlich orientiert linguistische Terminologie ist, sodaß wir in etlichen Fällen, in denen eine modalitätsspezifische Ausdrucksweise nicht angezeigt erschien, nur auf eine begrenzte Anzahl neutraler Termini ausweichen konnten. Die Anerkennung der DGS muß sich auch in der Begrifflichkeit und den Definitionen des zu erarbeitenden Wörterbuchs niederschlagen. Die Textsorte Lexikon verbot es andererseits, neutrale Neubildungen anzubieten. In etlichen Fällen konnten wir unsere Absicht neutraler Formulierung nur durch Doppelungen ("Wortbildung/Gebärdenbildung") mit entsprechend doppelter Gebärdenübersetzung verwirklichen. (Angemerkt sei, daß - zeichentheoretisch interessant - derartige Fälle in lautsprachlicher resp. gebärdensprachlicher Realisierung nicht immer deckungsgleich sind.)

Insgesamt ist das Resultat diesbezüglich nicht so zufriedenstellend, wie wir es uns erhofft hatten, aber es wurden andererseits Desiderata überdeutlich, und selbst mit den vorliegenden Ergebnissen ist das LINGLEX im Hinblick auf Ansätze zu einer praktischen Umsetzung der Anerkennung der Gebärdensprachen bisher einmalig.


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Renate Fischer